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Vorhofflimmern beim Bärenkino & ein unschauriges Vampir-Schloss (Teil 2)

Wenn wir an Siebenbürgen denken, steigt uns unweigerlich der ureigene Waldduft in die Nase. Wir sehen einen nicht endenden, dichten, dunklen Märchenwald vor uns und hören einen ruppig rauschenden Bach, der sich seinen Weg durch das Dickicht bahnt. Nur noch an wenigen Plätzen in Europa habt Ihr die Möglichkeit, so viel Weite und Ursprünglichkeit zu erleben. Und während ein Bär in der Dämmerung gemächlich über die schlängelige Gebirgsstraße kantappert, kann einem durchaus kurz das Herz aussetzen.

Diese letzte urige Bastion ist durch Abholzung massiv bedroht. Die Wildnis ist Lebensraum einzigartiger Tiere und wird, wegen des teils illegalen Kahlschlags, jedes Jahr empfindlich kleiner. Jedoch gibt Hoffnung für Europas größte Lunge. Längst haben Umweltschützer erkannt, dass dringend Handlungsbedarf besteht, den Schutz dieser fragilen Urwälder sicherzustellen.


Der spezielle Offroad-Ausflug: Mit einem SUV holpert Ihr über buckelige Wege, steil bergauf ins Nirgendwo. Unterwegs stoppt der Fahrer und schenkt den Passagieren einen zünftigen Palinka zur Beruhigung aus. Am Ende der spannenden Fahrt wartet eine bilderbuchreife Landschaft auf Euch. Kilometerweit zwischen Lichtung, Wald und sprudeligen Quellen begegnet Euch keine Menschenseele. Luxus pur!

Where to stay:

Probiert es aus: In einem kleinen privaten Zimmer bei rumänischen Familien übernachtet Ihr zwar sehr spartanisch, aber Ihr werdet überrascht sein, wie herzlich die Gastgeber sind. Man trifft sich im Sommer im Garten um den rustikalen überdachten Holztisch, teilt Getränke und Speisen miteinander. Dabei spielt es gar keine Rolle, ob Ihr die Sprache der Ortsansässigen sprecht.


Wer nicht so abenteuerlustig ist, nutzt die Hotels der Region. Von einer günstigen Bleibe bis hin zu hochwertigen Häusern bettet Ihr das pflaster müde Haupt im gesamten Gebiet komfortabel.


Nutzt zur Erkundung Transsilvaniens einen Mietwagen. Ein Allradfahrzeug bzw. SUV bietet sich, aufgrund der teils schlechten Straßen definitiv an.

Triptipp:

  • BICAZ SCHLUCHT & LACUL ROSU (Roter See): Sowohl die Motive der spektakulären „Bicaz-Klamm", als auch der ungewöhnliche „Lacul Roşu (Roter See)" werden in Eurem Fotoalbum eine großartige Figur machen. Entlang der schmalen Fahrbahn erheben sich beinahe senkrecht die Felsenwände, als würden sie sich jeden Moment vor Euch verschließen wollen. Der „Nationalpark Bicaz-Klamm" ist ein idealer Ausgangspunkt für ausgedehnte Wanderungen. Der „Rote See“ schimmert in Rottönen, bedingt durch Eisenoxide. Das ist nicht seine einzige Attraktion. Aus ihm lugt ein fantastisch anmutender Unterwasserwald hervor. Vor mehr als 180 Jahren rutsche ein Fels in die Tiefe. Das mitgerissene Geröll staute den See auf und nahm einen ganzen Wald mit sich. Dessen Baumstümpfe ragen bis zum heutigen Tag aus dem Weiher.


  • BAUERNFESTUNG RASNOV: Bereits von Weitem sichtbar thront die Festung Rosenau furchteinflößend auf einem Kalksteinfelsen. Sie wurde von einem Deutschen Ritterorden errichtet, um den Einwohnern der umliegenden Ortschaften vor den Überfällen der Türken und Tataren Schutz zu gewähren. Sie ist heute ein Freilichtmuseum und beliebtes Touristenziel. Unterhalb des Forts wurde ein riesiger Parkplatz eingerichtet (gegen Gebühr). Von hier aus lauft Ihr entweder zu Fuß zur Festung hinauf oder zuckelt mit einem schnuckeligen Bähnle nach oben.


  • SCHLOSS BRAN: Der Mythos lebt! Obwohl der düstere Graf Dracula im Schloss Törzburg wohl nie leibhaftig residiert hat, gibt man sich alle Mühe, die Sage am Leben zu halten. Wie kam es aber dazu, dass Schloss Bran zum Inbegriff einer schön-schauriger Vampirfestung wurde? Der Törzburger Herrensitz ist tatsächlich der einzige, welcher dem Dracula-Schloss aus Bram Stoker´s Bestseller beinahe bis ins Detail gleicht. Unser Eindruck: ein eher unschauriges Puppenschloss, welches von vielen Legenden umrankt ist. Liebevoll restauriert und hervorragend in Schuss, ist das Schloss Törzburg eines der wichtigsten Must-sees in Siebenbürgen. Wir empfehlen, die Eintrittskarten vorab online zu kaufen. Das erspart Euch lange Warteschlangen. Die günstigste Zeit für eine Besichtigung ohne Massenandrang ist zwischen 9 und 10 Uhr morgens oder kurz vor Toresschluss.


Ganznahdrantipp:



🐻 BÄRENKINO:

Einen Braunbären so nah vor sich zu sehen, war für uns als Familie eine äußerst aufregende und einschneidende Erfahrung. Mehrere tausend Braunbären sind im Land beheimatet. So viele, wie sonst nirgends in Europa. Über 60 % von Europas Urwäldern liegen in Rumänien. In ihnen schleichen u. a. Bären, Wölfe, Wildkatzen oder Luchse umher. Doch die Idylle trügt. Seit Jahren wird der dichte Hochwald illegal abgeholzt. Damit verschwindet der Lebensraum der großen und kleinen Waldbewohner dramatisch. Die Tiere sind beinahe gezwungen, sich Nahrung in angrenzenden Siedlungen zu suchen. Sie spazieren nachts durch die Orte und durchwühlen die Mülltonnen. Zudem treiben skrupellose Wilderer ihr Unwesen. Erst nach und nach hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Bewohner des Waldes dringend schutzbedürftig sind.


Mit einem Wildhüter/Jäger habt Ihr die einmalige Möglichkeit, Bären und andere Wildtiere in ihrer eigenen Biosphäre, z.B. von einem Hochstand aus, zu beobachten. Am späten Nachmittag oder frühen Abend führt die Fahrt in einem Allradfahrzeug tief in den Wald hinein. Im Halbdunkeln stoppt der Jeep. Ein Anflug von Panik und Ungewissheit lässt den Puls rasen. Das ist, wie ein bisschen mit der Angst tanzen. Wir werden angewiesen, ruhig aber schnell aus dem Auto auszusteigen und die Türen nur vorsichtig anzulehnen. Unsere Herzen pumpen im Akkord, als wir über den unebenen Waldboden zum Hochstand hasten. Wir sind sicher, Ihr hört es gerade ganz laut schlagen. Das kurze Stück Weg vom Auto bis zum Hochstand kommt jedem wie eine kleine Ewigkeit vor. Der Ranger sichert und beobachtet die Umgebung mit Argusaugen. Das hat einen besonderen Grund. Bisher dachten wir, dass ein Bär zu hören sein muss, wenn er durch das Unterholz unterwegs ist. Weit gefehlt! Durch seine dicken, weichen Tatzen trollt Meister Petz beinahe lautlos durch seine Hood. Wir klettern die schmale Stiege zum Hochsitz empor, sammeln uns und warten.


…und auf einmal steht er da! Mächtig, stark und als DER Chef im Ring, betritt die Hauptperson des Abends die Waldlichtung. Wir trauen uns kaum zu atmen, so intensiv ist der Anblick des braunen Riesen. Die feine Nase des Bären hat ihn hergeführt. Wildhüter richten an verschiedenen Stellen im Wald Futterplätze ein, um die Tiere aus den Städten und Dörfern fernzuhalten. So duften auch auf dieser Lichtung kleine, gut versteckte Mais-Leckerbissen. Wir beobachten beinahe meditativ still, begleitet vom Klang des strömenden Regens, die Futtersuche des zotteligen Muskelprotzes. Nach etwa 1,5 Stunden hat unser Hauptdarsteller genug und trottet gemächlich davon. Unser Blutdruck schnellt noch einmal in die Höhe, als wir den Rückweg vom Hochstand zum Auto antreten müssen. Es ist inzwischen stockduster und wir heilfroh, ohne persönliche Bärenverabschiedung wieder im sicheren SUV zu sitzen.


Das Bärenkino war DIE Sensation unseres Siebenbürgen-Aufenthaltes! Sinnvolle Bärenhilfe leistet Ihr u. a. beim WWF und Libearty


Echt deli:

Die rumänische Küche ist heftig deftig. Bereits zum Frühstück wird Bauchspeck oder Fleisch aufgetischt. Es wird zu allem, wirklich zu ALLEM, Brot gegessen! Die beste Süßspeise sind Baumkuchen, Kürtoz Kolacz, genannt. Anjas Lieblingsschmankerl sind die eingelegten Gurken, die hier genauso, wie in ihren Kindheitserinnerungen, aus dem Fass, schmecken.


Snacktipp:

  • ARCO FOGADO in Korond: traumhaft schön unter Bäumen erbaut mit viel Platz zum Toben für Kinder

  • BASA FOGADO in Borzont: Ganz unscheinbar, direkt an der Straße gelegen, betreten Ihr eine andere Welt. Wie vor hundert Jahren in einer Wirtschaft schaut es hier aus. Urige Bänke, die Wände gespickt mit Antiquitäten aus dem Bauernalltag lassen Euch kurz aus der Zeit fallen. Das Essen ist hausgemacht und unaufgeregt. Ein echter Geheimtipp für Reisende, die das Original suchen. Neben der Wirtsstube schlemmt Ihr auch gemütlich im Garten unter überdachten Holz-Loggias.

  • SEBELIN in Praid: Das Restaurant ist seit Jahren zu Recht die erste Adresse in der Salzstadt.

  • DOR Bran: Das beste Haus in einem Vorort von Bran! Wegen seines Mixes aus stylish-rustikalem Ambiente und edler Küche ist das Restaurant zweifellos auf europäischem Niveau angesiedelt.

  • LOBOGO RESTAURANT in Homorod: In der Nähe von Odorheiu Secuiesc kreuzt ein typisches Restaurant den Weg, wie man sie sich in den Bergen vorstellt. Auf der Sonnenterrasse sitzend, lauscht Ihr dem Gluckern des Flüsschens und der hauseigenen Quelle. Besuch bekommt Ihr dabei ganz sicher von Pfauen, die vor Eurer Nase buntgefiedert herumstolzieren.


Lohnt es sich?

Transsilvanien ist prädestiniert für einen echten Abenteuerurlaub. Ihr seid falsch in Siebenbürgen, wenn Ihr auf ein gelecktes Outdoor-Activityprogramm spekuliert oder ein Pendant zu den Alpen sucht. Auf Entdeckungstour durch die rumänischen Karpaten gehen, ist definitiv ein erlebnisreiches Unterfangen. Ihr findet dort eine unverfälschte Landschaft vor, ein bisschen altmodisch und ein wenig verschwurbelt aber so liebenswürdig, dass Ihr diese Reise niemals mehr vergessen werdet. Genau macht den Reiz Siebenbürgens aus.


Transsilvanien trifft Euch mitten ins Herz und lässt keinen unberührt.








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